Pharma
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Leverkusen, eine Stadt am Rhein, hat sich im Laufe der letzten eineinhalb Jahrhunderte von einer kleinen Siedlung zu einem bedeutenden Zentrum der Pharma- und Chemieindustrie entwickelt. Dieser Wandel ist eng mit der Geschichte und dem Wachstum der Bayer AG sowie weiterer Unternehmen verbunden, die hier ihren Ursprung haben oder sich angesiedelt haben.

Die Anfänge – Carl Leverkus und die Ultramarinfabrik

Die Wurzeln der chemischen Industrie in Leverkusen reichen bis ins 19. Jahrhundert zurück. Der Apotheker und Chemiker Carl Leverkus gründete 1860 eine Ultramarinfabrik in Wiesdorf, einem heutigen Stadtteil von Leverkusen. Ultramarin war ein begehrter blauer Farbstoff, der in der Textil- und Papierindustrie Verwendung fand. Leverkus wählte diesen Standort aufgrund der günstigen Lage am Rhein und der Nähe zur Cöln-Mindener Eisenbahnlinie, was den Transport von Rohstoffen und Produkten erleichterte.

Die Gründung der Farbenfabriken vorm. Friedr. Bayer & Co.

Parallel dazu gründeten 1863 der Kaufmann Friedrich Bayer und der Färbermeister Johann Friedrich Weskott in Barmen (heute ein Stadtteil von Wuppertal) die Farbenfabriken vorm. Friedr. Bayer & Co. Das Unternehmen spezialisierte sich zunächst auf die Produktion von synthetischen Farbstoffen, insbesondere Fuchsin, einem roten Farbstoff. Die rasche industrielle Entwicklung und der begrenzte Platz in Barmen führten dazu, dass Bayer nach neuen Standorten für die Expansion suchte.

Der Umzug nach Leverkusen und die Expansion

1891 erwarb Bayer die Alizarinfabrik von Carl Leverkus' Söhnen in Wiesdorf. Dieser Erwerb markierte den Beginn einer intensiven Entwicklung des Standorts Leverkusen. Unter der Leitung von Carl Duisberg, der ab 1912 den Vorstandsvorsitz innehatte, wurde der Standort systematisch ausgebaut. Duisberg legte großen Wert auf Forschung und Entwicklung, was zur Einführung neuer Produkte und Technologien führte. 1912 verlegte Bayer seinen Firmensitz offiziell nach Leverkusen, was die Bedeutung des Standorts weiter unterstrich.

Die Zeit der I.G. Farbenindustrie AG

1925 fusionierte Bayer mit fünf weiteren Unternehmen zur I.G. Farbenindustrie AG, um im internationalen Wettbewerb besser bestehen zu können. Leverkusen wurde dabei ein zentraler Standort innerhalb dieses Konzerns. Während des Zweiten Weltkriegs spielte die I.G. Farben eine kontroverse Rolle, insbesondere durch den Einsatz von Zwangsarbeitern und die Verstrickung in Kriegsverbrechen. Nach dem Krieg wurde die I.G. Farben aufgelöst, und Bayer etablierte sich erneut als eigenständiges Unternehmen.

Wiederaufbau und Wirtschaftswunder

In den Nachkriegsjahren konzentrierte sich Bayer auf den Wiederaufbau und die Expansion. Der Standort Leverkusen wurde modernisiert und erweitert. In dieser Zeit wurden bedeutende pharmazeutische Entwicklungen vorangetrieben, darunter die Produktion von Penicillin und die Einführung neuer Kunststoffe wie Polyurethane. Diese Innovationen trugen maßgeblich zum Wirtschaftswunder der 1950er und 1960er Jahre in Deutschland bei.

Entstehung des Chemparks Leverkusen

Mit der Zeit siedelten sich weitere Chemie- und Pharmaunternehmen in Leverkusen an. Um Synergien zu nutzen und Ressourcen effizienter zu verwalten, wurde der Chempark Leverkusen gegründet. Dieser Industriepark beherbergt heute über 200 Unternehmen auf einer Fläche von 480 Hektar. Die zentrale Lage in Europa und die hervorragende Infrastruktur machen den Chempark zu einem attraktiven Standort für Unternehmen der chemischen Industrie.

Aktuelle Entwicklungen und Zukunftsperspektiven

In den letzten Jahren hat sich der Fokus in Leverkusen zunehmend auf nachhaltige Technologien und Biotechnologie verlagert. Unternehmen wie Covestro, eine Ausgliederung von Bayer, investieren in innovative Projekte wie das chemische Recycling von Polycarbonat und die Produktion von biobasiertem Anilin. Diese Entwicklungen unterstreichen das Bestreben, den Standort Leverkusen als Vorreiter für nachhaltige Chemie und Biotechnologie zu positionieren.

Schlussbetrachtung

Die Entwicklung der Pharma- und Chemiebranche in Leverkusen ist ein beeindruckendes Beispiel für industriellen Wandel und Innovation. Vom bescheidenen Beginn mit der Ultramarinfabrik von Carl Leverkus über die Expansion und den Aufstieg der Bayer AG bis hin zur heutigen Ausrichtung auf nachhaltige Technologien zeigt sich eine kontinuierliche Anpassung an wirtschaftliche und gesellschaftliche Veränderungen. Leverkusen bleibt somit ein zentraler Akteur in der globalen Chemie- und Pharmaindustrie.